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Von | 25. September 2018

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90% unserer Wahrnehmung erfolgen über den Sehsinn. Licht und Farbe bestimmen also zu einem großen Teil unsere Lebenswirklichkeit.

Neben z. B. der Struktur eines Gebäudes oder der Raumaufteilung spielen für eine Wohlfühlatmosphäre vor allem auch der Anteil an natürlichem Licht sowie die Licht- und Farbgestaltung eine große Rolle.

Die Wahrnehmung von Licht und Farbe verändert sich im Alter. Bei der Gestaltung von Einrichtungen für ältere Bewohner*innen bzw. Patient*innen sollten diese Veränderungen berücksichtigt werden.

Veränderung der Wahrnehmung von Licht und Farbe im Alter

Die Augen und die Ohren sind die Sinnesorgane, mit denen wir unsere Umwelt wahrnehmen. Im Alter kommt es zu einer verminderten Sehschärfe: 60-Jährige Menschen verfügen noch über 74%, 80-Jährige nur noch über 47% der Sehschärfe von 20-Jährigen.

Die Sehschärfe ist abhängig von der Beleuchtungsstärke und den in der Umgebung vorhandenen Kontrasten. Mit zunehmendem Alter kommt es zu einer Verringerung der Pupillengröße und zu einer Trübung der Linse. Dadurch gelangt weniger Licht durch die Linse auf die Retina und die Kontrastintensität nimmt ab. 70-jährige Menschen brauchen im Vergleich zu 20-Jährigen eine dreifach hellere Leuchtdichte, um Reize wahrzunehmen.

Gleichzeit entsteht eine höhere Blendempfindlichkeit, die durch die Verdichtung der optischen Medien des Auges hervorgerufen wird. Die Trübung der Linse durch Einlagerungen zieht zunehmende Empfindlichkeit gegenüber blendendem Licht und Lichtreflexionen nach sich.

Die Veränderung der Augenlinse bewirkt eine verzögerte Scharfeinstellung, so dass mehr Zeit benötigt wird, bis Objekte scharf gesehen werden können. Es kommt zur Altersweitsichtigkeit. So ist ca. ab dem 45. Lebensjahr schon der Nahpunkt weiter entfernt als der übliche Leseabstand.

Durch eine Verzögerung der Hell-Dunkel-Adaption braucht das Auge im Alter länger, um sich an veränderte Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Bei grellem Licht dauert es zunehmend länger, sich von der Blendwirkung zu erholen.

Die Farbwahrnehmung lässt aufgrund der Gelbfärbung der Linse nach. Durch die Gelbfärbung wird mehr Licht vom blauvioletten Teil des Farbspektrums absorbiert, so dass Grün, Blau und Violett nicht mehr so gut unterschieden werden können.

Eine nachlassende Akkommodationsfähigkeit des Auges und die Verminderung der Linsenklarheit führt ca. ab dem 40. Lebensjahr zu einer Verschlechterung der Tiefenwahrnehmung und die richtige Einschätzung von Entfernungen und Ausdehnungen dreidimensionaler Gegenstände erschwert sich.

Die Veränderung der Retina im Alter führt zu einer Einengung des Gesichtsfeldes, das heißt, der von einem Auge sichtbare Ausschnitt der Umwelt wird kleiner.

Empfehlungen für die Lichtgestaltung

Licht ist nicht nur zum Sehen erforderlich. Licht hat auch eine biologische Wirkung – es steuert den Tag-Nacht-Rhythmus- sowie eine therapeutische Wirkung, z. B. bei Depressionen und Orientierungsstörungen.

Tageslicht, sofern ausreichend vorhanden, ist künstlichem Licht in jedem Fall vorzuziehen. Dazu müssen Gebäude über sehr große Fensterflächen oder Oberlichter verfügen, um das natürliche Licht tief in die Räume zu bringen.

Wenn kranke oder behinderte Menschen sich selten im Freien aufhalten, sollten in den Räumen die Verglasungen möglichst UV-durchlässig sein. Wenn das nicht möglich ist, muss mit künstlichem Licht ein Ausgleich geschaffen werden.

In unterschiedlichen Räumen sollten je nach Funktion andere Beleuchtungsstärken, Lichtfarben und Beleuchtungsarten eingesetzt werden:

empfohlene beleuchtung für flure im pflegeheim

empfohlene beleuchtung in Zimmern im pflegeheim

empfohlene beleuchtung für aufenthaltsräume im pflegeheim

empfohlene beleuchtung für sanitärräume im pflegeheim

Grundsätzlich sollte eine optimale Beleuchtung eine hohe Gleichmäßigkeit aufweisen, da das Adaptionsvermögen älterer Menschen eingeschränkt ist. Auch sollten benachbarte Räume keine allzu großen Helligkeitsunterschiede aufweisen. Ergeben sich Situationen, wo dieses nicht möglich ist, so sind Übergangsstrecken vorzusehen, die das Lichtniveau kontinuierlich anpassen. Besonders wichtig ist dies nachts beim Betreten des Gebäudes.

Als vorteilhaft erweist sich eine helle Wand- und Deckengestaltung, die für große Gleichmäßigkeit sorgt und somit die Blendgefahr verringert. Ein hoher Anteil von indirekter Beleuchtung verhindert starke Schatten, welche zu Orientierungsstörungen oder Ängsten führen können, z.B. Schlagschatten in Fußbodennähe.

Die Beleuchtung sollte Raumstrukturen aufgreifen und unterstützen. Akzente lassen sich durch zusätzliche dimmbare Stimmungsleuchten erzielen. Durch eine ausgewogene Beleuchtung mit Direkt- / Indirektanteilen wird eine Blendung vermieden. Als vorteilhaft gelten geschlossene Leuchtmittel.

 

gemütliche beleuchtung zum Lesen
Gemütliche Beleuchtung zum Lesen – Quelle: Waldmann, www.waldmann.com

kontrastreiche boden- und wandgestaltung in fluren
Kontrastreiche Boden- und Wandgestaltung in Fluren erleichtert das Orientieren und vermeidet Unfälle – Quelle: Forbo Flooring GmbH, www.forbo.com

 

Glänzende Oberflächen sollten vermieden werden, z. B. bei Böden, Tischen und Glastüren, da die entstehenden Reflexionen Unsicherheit auslösen und die Unfallgefahr für die Bewohner erhöhen können.

Um Unfälle zu vermeiden, sollte neben der kontrastreichen Gestaltung von Stufen und Türen unbedingt auf eine gute Ausleuchtung dieser potenziellen Gefahrenstellen geachtet werden.

Empfehlungen für die Farbgestaltung

Der Gestaltung der Wände kommt eine besondere Bedeutung zu, kann doch ein Raum enger, weiter, wärmer oder kälter wirken.

Grundsätzlich gilt es zu berücksichtigen:

  • zu intensive Farben ergeben eine einseitige Lichtreflexion auf Bewohner*innen, was sich negativ auf die Gesichtsfarbe auswirken kann,
  • Die Wirkung des Simultankontrastes muss berücksichtigt werden. Simultankontrast heißt, dass eine kleine Farbfläche, die von einer größeren umgeben ist, verändert wahrgenommen wird,
  • kontrastreiche Farbgestaltung, um unterschiedliche Funktionsbereiche voneinander abzugrenzen,
  • blauviolette Farben möglichst vermeiden, da diese von älteren Menschen nicht mehr unterschieden werden können,
  • große Beschriftungen für wichtige Hinweise, z. B. auch in Form von Piktogrammen,
  • starke farbliche Abhebung von potenziellen Gefahrenstellen, z. B. Stufen.

Fazit

Farbe und Licht tragen in erheblichem Umfang zum Wohlfühlen und zur Genesung in Senioren- bzw. Pflegeeinrichtungen bei. Dabei vermittelt eine atmosphärische Grundstimmung in Wohnräumen Sicherheit, Ruhe und Behaglichkeit. In Aufenthaltsräumen bewirkt eine vitalisierende Gestaltung Anregung und Abwechslung und trägt zur Förderung der Kommunikation bei.

Eine gute Farbgestaltung hat ebenfalls therapeutische Wirkung. Dies zeigt sich z. B. auch beim Personal, da dieses motivierter arbeitet, was sich wiederum positiv auf die Bewohner*innen bzw. Patient*innen auswirkt.

In Senioren- bzw. Pflegeeinrichtungen sollte ein Umweltmilieu gestaltet werden, in dem das „Wohnen“ im Vordergrund steht, nicht das Gefühl von „Heim“.


Hier gelangen Sie zum ersten Teil der Serie: Wahrnehmung und Wirkung von Licht und Farbe – Teil 1


Bildnachweis: tiero – stock.adobe.com; Waldmann – www.waldmann.com; Forbo Flooring GmbH, www.forbo.com

Monika Holfeld, Dipl. Ing.

Freischaffende Architektin Seit 1997 mit eigenem Büro: ARCHITEKTUR UND FARBGESTALTUNG Spezialisiert auf Barrierefreies Bauen und Gesundheitsbauten, bezogen auf Licht- , Farbgestaltung und Ausstattung Planung und Erstellung von Leitfäden zum Thema: Wohnen im Alter, Barrierefreie Planung im Bestand und Neubau, Wohnberatung, Wohnanlagen für Demenzkranke. Licht- und Farbgestaltung im Krankenhaus, Demenz- und Pflegeeinrichtungen, Arzt- und Therapiepraxen. Zahlreiche Fachpublikationen national und international. Buchautorin -Barrierefreie Lebensräume- sowie -Licht und Farbe-, erschienen beim Beuth-Verlag. Bundesweit mit Seminaren, Vorträgen auf Kongressen, Messen und im Auftrag der Berufskammern, Ärzteweiterbildung, Pflegemanagement, Industrie tätig. Gastdozentin: TU Berlin, ASH, Evang. HS, HS Magdeburg, FS Campus Health, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Technologie Greifswald

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