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Von | 13. August 2017

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Die Ausbildung zum(r) Gesundheits- und Krankenpfleger(in) findet an unterschiedlichen Lernorten statt. Neben der theoretischen Ausbildung am Lernort Schule, wird die praktische Ausbildung in Einrichtungen der Akut- und Langzeitversorgung durchgeführt. In der Schule tragen Lehrkräfte unter anderem dafür Sorge, dass die Auszubildenden durch Anhäufung von basis- und anwendungsbezogenem Wissen bestmöglich auf die Praxis vorbereitet werden (BMG, BMFSFJ 2016, S. 4), und somit die Hauptverantwortung für die theoretische Ausbildung (Lauxen, Slotala 2015, S. 53.).

Kennzeichnend für die Ausbildung zu Pflege- und Gesundheitsfachberufen in Deutschland ist der hohe praktische Bezug. Ein hoher praktischer Anteil in der Ausbildung hat zum Ziel, das Leitziel der beruflichen Handlungskompetenz zu erreichen (MGEPA 2014, S. 18). Im praktischen Setting sollen die Auszubildenden den klinischen Alltag kennenlernen, antizipieren und zunehmend in der Lage sein, diesen vollumfänglich selbstständig gestalten zu können. Zudem soll durch den Theorie-Praxis-Transfer der Übertrag aus dem schulisch-angehäuften Wissen in den praktischen Alltag stattfinden. Um diese Lernaufgaben zu meistern, stehen den Auszubildenden Praxisanleiterinnen und -anleiter zur Seite.

In der folgenden Artikelserie stelle ich unterschiedliche methodisch-didaktische Ansätze der Praxisanleitung anhand von Beispielen vor und gebe abschließend einen Ausblick zur Bedeutung des aktuellen Pflegeberufsgesetzes von 2017 für die Praxisanleitung.

Teil 1: Gegenstandsbestimmung „Praxisanleitung“

Herzlichen Glückwunsch! Hiermit bestätigen wir Ihnen, dass Sie die Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger in unserer Einrichtung antreten dürfen. Die nächsten drei Jahre werden Sie in abwechselnden Theorie- und Praxisphasen schrittweise den von Ihnen gewählten Beruf erlernen.

In einer ähnlichen Art und Weise erhielt der – hier fiktiv gewählte – Auszubildende Peter eine Antwort auf sein Bewerbungsschreiben. Seine Ausbildung hat er im April dieses Jahrs begonnen. Zunächst erfolgte eine 10- bis 12-wöchige Theoriephase in der Schule des Ausbildungsträgers. Hier werden ihm erste Ausgangspunkte der Krankenpflege nahegebracht, Fachwissen in Bereichen wie Anatomie-Physiologie und Psychologie vermittelt und somit Grundlagen für das Handeln in der pflegerischen Praxis gelegt. Peter hat diesen theoretischen Einführungsblock mit großer Begeisterung absolviert und ist nun voller Vorfreude auf seinen ersten praktischen Einsatz.

Laut der Einsatzplanung der Krankenpflegeschule absolviert Peter seinen Einsatz auf einer Station für Allgemeinchirurgie. Sein erster Tag ist morgen. Er ist für den Frühdienst eingeteilt, welcher um 6:30 Uhr auf dieser Station beginnt. Peter ist sehr aufgeregt und kann in der Nacht kaum schlafen…

Es ist soweit, Peter betritt die Station. Gleich wird er freundlich vom Nachtdienst begrüßt, welcher ihm den Raum zum Umkleiden zeigt. Nachdem Peter seine Dienstkleidung angezogen hat, betritt er das Dienstzimmer, in dem sich alle Pflegepersonen zur Übergabe treffen. Ein Pfleger Namens Ulrich gießt Peter Kaffee ein und stellt sich als sein Praxisanleiter vor.

Nach der Übergabe setzen sich Peter und Ulrich in einen extra Raum und besprechen sich. Ulrich erzählt von einem Praxisanleitungskonzept auf dieser Station, von Einführungs-, Zwischen- und Abschlussgesprächen und dass Peter mit all seinen Fragen immer gerne alle Pflegenden und Ärzte ansprechen kann.

Der erste Tag vergeht für Peter an der Seite von Ulrich wie im Flug. Peter läuft dabei immer an der Seite von Ulrich und schaut aufmerksam, wie Ulrich die Patienten versorgt. Fragen hat er an diesem Tag, bei all den Eindrücken, noch keine. Am nächsten Morgen kommt Peter voller Vorfreude auf die Station und hat sich einige Fragen überlegt, welche er Ulrich stellen möchte. Leider ist Ulrich krank.

Irgendwie scheint es, als würde sich an diesem Tag niemand so recht für Peter interessieren. Es sind 3 Pflegende im Dienst, aber niemand nimmt so recht Notiz von ihm. Als Peter sich ein Herz nimmt und fragt, was er denn heute tun kann, sagt einer der Pflegenden, er soll sich einfach um das Frühstückausteilen und -einsammeln kümmern. In dieser Form verlaufen die nächsten Tage. Peter wird vor allem zu Servicearbeiten eingeteilt und bekommt von der eigentlichen Pflege und vor allem dem beschriebenen Praxisanleitungskonzept nichts mit. Etwas frustriert und mit Grummeln im Bauch bei dem Gedanken an die restlichen 7 Tage Einsatz, schlägt Peter zu Hause nach, was Praxisanleitung eigentlich bedeutet bzw. beinhaltet. Dabei findet Peter im Krankenpflegegesetz folgenden Ausschnitt:

Die Einrichtungen der praktischen Ausbildung stellen die Praxisanleitung der Schülerinnen und Schüler nach § 4 Abs. 5 Satz 3 des Krankenpflegegesetzes durch geeignete Fachkräfte sicher. Aufgabe der Praxisanleitung ist es, die Schülerinnen und Schüler schrittweise an die eigenständige Wahrnehmung der beruflichen Aufgaben heranzuführen und die Verbindung mit der Schule zu gewährleisten. Hierzu ist ein angemessenes Verhältnis zwischen der Zahl der Schülerinnen und Schüler zu der Zahl der Praxisanleiterinnen und -anleiter in dem jeweiligen Einsatzgebiet entsprechend der Anlage 1 Buchstabe B sicherzustellen. Zur Praxisanleitung geeignet sind Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 des Krankenpflegegesetzes, die über eine Berufserfahrung von mindestens zwei Jahren sowie eine berufspädagogische Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 200 Stunden verfügen.“ (BMJV 2004, KrPflAPrV 2003, S. 1)

Peter hat nun erfahren, dass die Einrichtung dafür Sorge tragen muss, dass geeignete Fachkräfte, die für seine Praxisanleitung verantwortlich sind, auf der Station vorhanden sein müssen. Er weiß nun auch, welche Rahmenbedingen erfüllt sein müssen, um eine geeignete Fachkraft in diesem Bereich zu sein. Peter weiß außerdem, dass diese Fachkraft ihm dabei helfen soll, sich im Sinne seiner Ausbildung weiterzuentwickeln und ihm bei der Vernetzung der praktischen Erfahrung mit dem theoretischen Wissen helfen soll. Bei der weiteren Suche findet Peter allerdings nichts zu den geforderten bzw. nötigen Kompetenzen, welche Praxisanleiterinnen und -anleiter haben sollen. Er findet keine Inhalte zu Fach- oder Methodenkompetenz. An dieser Stelle fragt sich Peter nach dem Konzept, nach dem Ulrich ihm einzelne pflegerisch relevante Dinge nahebringen will. Peter findet in einer weiteren Ausführung noch einen anderen spannenden Aspekt:

Den Schülerinnen und Schülern dürfen nur Verrichtungen übertragen werden, die dem Ausbildungszweck und dem Ausbildungsstand entsprechen; sie sollen ihren physischen und psychischen Kräften angemessen sein (BMVJ 2004, KrPflG 2003, S. 10).“

Peter fragt sich in diesem Zusammenhang nun, ob es überhaupt in Ordnung ist, dass er zwei Wochen seines Einsatzes ausschließlich mit Serviceleistungen verbracht hat und nahezu keine pflegerischen Aufgaben durchgeführt hat.

Nach Beendigung seiner Suche in der Literatur sind für Peter zunächst zwei ihm wichtige Fragen offengeblieben.

  1. Welche Inhalte sind für Lernende in der Gesundheits- und Krankenpflege im Sinne der Weiterentwicklung in der Ausbildung angemessen und wonach werden diese ausgesucht?
  2. Nach welchem methodisch-didaktischen Konzept wird Praxisanleitung durchgeführt? Oder auch: Wie funktioniert Praxisanleitung?

Teil 1 der Serie: Praxisanleitung in der Ausbildung für die Gesundheits- und Krankenpflege

Teil 2 der Serie: Praxisanleitung in der Ausbildung: Lernen am Modell

Teil 3 der Serie: Leittextmethode

Teil 4 der Serie: OSCE als Form der Anleitung

Teil 5 der Serie: Praxisanleitung vs. Praxisbegleitung –  und das Lernen im dritten Lernort?


 

Robert Rath

war als examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger über 7 Jahre in der stationären Pflege an der Berliner Charité beschäftigt. Dort arbeitete er im Fachbereich Hämatologie und Onkologie und war spezialisiert auf die Versorgung von chronischen Wunden und die praktische Anleitung von Auszubildenden und Praktikanten. Zusätzlich hat Herr Rath 3 Jahre lang Gesundheitswissenschaften an der Charité studiert und den akademischen Grad Bachelor of Science erworben. Gelegentlich war er Lehrbeauftragter für das Thema Wundversorgung im Studiengang Bachelor of Nursing der Evangelischen Hochschule Berlin. Derzeit ist er Curriculum Designer bei Relias.

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